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Lebendige
Grenzen
statt
Strafzettel?
Zwei Freunde haben zu dieser nicht auskenne und meine Kolle- eine Rückfahrt war unmöglich. Sie
Bitte geschrieben: gin mir den Weg erklärte. Meine stiegen aus und kamen auf mich
„Wo hast du schon einmal Papiere wurden überprüft und zu.
Grenzen, Regeln, Gesetze über- dann bekam ich meinen Führer- Ich ließ das Fenster runter und be-
schritten und wurdest dabei schein zurück mit den Worten: antwortete wahrheitsgemäß ihre
erwischt, aber man hat eine „Wenn Sie das nächste Mal nicht Frage, was ich denn hier zu suchen
Ausnahme gemacht, dich nicht wissen, wo Sie hin müssen, dann hätte, das sei schließlich ein Weg,
bestraft?“ halten Sie doch erst an und orien- der nicht für Autofahrer erlaubt
sei. Ich sagte, auf der Hauptstra-
Ein Beispiel für eine Renate schreibt: Ich fuhr vor jede Konsequenz weiterfahren! ße sei ein Stau entstanden und
tieren Sie sich“. Ich durfte ohne
ich wolle „abkürzen“. Sie wollten
Meine Kollegin sagte: „Ich habe
vielen Jahren nach einem späten
mir eine Verwarnung erteilen, eine
die ganze Zeit gebetet“. Mir fie-
Arbeitstermin gegen 22 Uhr mit
lebendige Grenze meiner Kollegin zu ihr nach Hau- len viele Steine vom Herzen. kostenpflichtige Verwarnung. Ich
redete ihnen gut zu, indem ich
se. Ich am Steuer, sie lotste mich
wortwörtlich sagte: „Können Sie
durchs nächtliche Frankfurt. An
len Jahren wollte ich pünktlich auf
einem unübersichtlichen und Sabine schreibt: Vor vielen, vie- nicht eine Ausnahme machen? Ich
mehrspurigen Kreuzungsgewirr der Arbeit erscheinen. Als ich auf hab Sie nicht gesehen, Sie haben
überfuhr ich eine rote Ampel. Vor der Straße in Richtung City unter- mich nicht gesehen“! (Lüge pur!)
lauter Schauen, auf welcher Spur wegs war, gab es plötzlich wegen Nach kurzer Überlegenszeit sagten
muss ich mich einordnen, hatte einem Unfall einen ziemlich lan- sie: „Fahren Sie weiter, aber wehe,
ich Rot komplett übersehen. gen Stau. Ich überlegte, rechts ab- wir treffen Sie hier noch einmal“.
An der nächsten roten Ampel zubiegen und die gestaute Strecke Das hatte mich innerlich beglückt
kurz danach hielt ich an. Da er- sozusagen zu umrunden. Dies war und ich fuhr weiter, nachdem sie
tönte aus dem Polizeiauto hinter aber ein Weg, der nur für landwirt- mit ihrem Auto wirklich sehr an
mir der Lautsprecher: „Bitte fah- schaftliche Fahrzeuge erlaubt war. die Seite fuhren.
ren Sie rechts ran.“ Ausgerechnet Ich war innerlich total fröhlich,
jetzt die Polizei hinter mir! Vor Ich entschied, rechts abzubiegen ob dieser „Erlaubnis“. Das erzähl-
Schreck muss ich an den Schalter und die „verbotene“ Strecke zu te ich meinen Kollegen in dem
des Fernlichts gekommen sein, nehmen, in der Hoffnung, dass es christlichen Institut, in dem ich
und als der Polizist vor meiner niemand bemerkte. damals arbeitete. Die fanden mich
Tür stand und mich bat, zunächst Kaum war ich auf diesem land- total unmöglich und setzten mir
mal das Fernlicht auszuschalten, wirtschaftlichen Weg, kam mir ein den „Kopf zu recht“. Trotzdem -
war ich so konfus, dass ich nicht Polizeiauto entgegen. So ein Mist, ich war pünktlich auf der Arbeit.
mehr wusste, wo der Schalter war. dachte ich in meinem Herzen.
Der Polizist half mir dabei. Auf Ausgerechnet Polizei.
die rote Ampel angesprochen, Da der Weg sehr schmal war, gab
erklärten wir, dass ich mich hier es keinen Ausweg, Umweg, und
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